Szene 5: Home, bloody home ...
In der Nacht vom 4. auf den 5. November

Sag's ihnen ins Gesicht
Die Fensterscheibe klirrt im gleichen Moment, als die Tür aufgestoßen wird. Das Poltern und anschließende Zischen der Rauchgranate kennt ihr nur zu genau ... verdammt! Das hier sind jedenfalls keine Anfänger ...

Hinter den Kulissen
Nun also kommt die zweite und dieses Mal wirklich gefährliche Schießerei. Das angreifende Team kann aus dem Hinterhalt losschlagen und wird das ausnutzen; anders als Bosinskis Bande geben sie auch nicht bei erster Gegenwehr Fersengeld, sondern schießen es, vermutlich bis zum letzten Kreuz auf dem Zustandsmonitor, aus. Auch Doria sollte, falls heilkräftige Spielercharaktere in der Nähe sind, durch einen gezielten Schuss nennenswert Blut vergießen, um klarzustellen, dass es sich keinesfalls um eine Fehde unter Berufskriminellen handelt. Es sollte zu einer angemessen dramatischen und knappen Schießerei mit echtem Bedrohungscharakter kommen.

Kaum ist die Schießerei beendet, klingelt Dorias Kommlink und eine neue Message kommt hereingeflattert - diesmal die verwirrte Textnachricht von Hackerfreundin Pepper, die eine Todesanzeige weiterleitet, die von Kessen soeben gepostet hat ...

>>> TODESANZEIGE DORIA GRAY

Doria ist angeschossen, und was noch schlimmer ist: Sie ist jetzt wirklich angefressen. Ihre schlechte Laune übertrifft sogar die Angst, die sie gerade noch hatte. Wer erhält schon gerne die Nachricht vom eigenen Tod? Sie vermutet, dass von Kessen dahinter steckt, aber sie will es genau wissen. Außerdem ist sie nicht die schlechteste aller Hackerinnen, hat Geld und ist willens, es einzusetzen. Auch die Spielercharaktere sollten spätestens bei der Lagebesprechung nach der Schießerei bemerken, dass was faul ist im Staate Dänemark. Die meisten Shadowrunner schätzen es erfahrungsgemäß nicht so sehr, wenn sie als Belohnung für einen erfolgreichen Auftrag abserviert werden sollen - und der unmittelbare Folgeauftrag, mit dem Doria gerade winkt, tut möglicherweise das Seine dazu.

Kurz und gut: Doria dreht den Spieß um und möchte wissen, wer dahintersteckt. Zwar deuten alle Hinweise auf von Kessen, aber warum, ist Doria nicht klar. Sie will eine Erklärung. Und sie will Beweise. Also heuert sie naheliegenderweise die Spielercharaktere dafür an; schließlich haben die sich gerade zum zweiten Mal als kompetent und zumindest grundsätzlich auf ihrer Seite befindlich herausgestellt.
Eigentlich besitzen die Spieler bereits alle Informationen, die sie benötigen: Spätestens jetzt sollten sie einen erneuten, gründlichen Blick in das Kommlink werfen. Sowohl der Verdacht einer japanischen Verbindung als auch eines doppelten Spiels von Kessens dürften danach auf dem Tisch liegen. Dass er die Hillbillies managt und Bosinski auf die Gästeliste des Konzertes setzen ließ, lässt sich über Kommlink, Matrixrecherche und einen Anruf beim Veranstalter klären. Der Hacker der Spielergruppe oder notfalls Doria oder deren Hackerfreundin Pepper können Spuren in der Matrix verfolgen.
Die Verbindung von Kessens zu der manipulierten Nachricht und dem Hillbillie-Konzert sollte also recht schnell offenkundig sein, ebenso die Verbindung Bosinskis zur Düsseldorfer Yakuza und dem "Drachen" dortselbst sowie seiner Rolle, entweder über das Kommlink oder über Connections der Runner in die Polizei- oder Untergrundszene (siehe Kasten Beinarbeit).

Doria kann natürlich ihren Teil zur Erhellung beitragen. Spätestens beim Stichwort "Drache" besteht die Möglichkeit, den Runnern das neueste Lied vorzuspielen. Inwiefern sie sich integriert, hängt letztlich schlicht vom Verhalten ihr gegenüber ab. Gerieren sich die Spielercharaktere als rohe, tumbe Schläger oder gefallen sich in der eiskalten Attitüde dessen, der in der Hackordnung der Straße ganz oben steht, hat sie wenig Anlass, sich so verletzlich zu machen.


Schwierigkeiten?
Falls Sie es nicht schon häufiger gemacht haben und dieser Hinweis daher überflüssig ist: Dosieren Sie den Hinterhalt vorsichtig. Eine Scharfschützin und ein Magier können, konsequent eingesetzt, eine unaufmerksame Gruppe fast im Alleingang ausradieren. Beginnen Sie daher lieber etwas zurückhaltender und lassen Sie die schwer verchromte Kavallerie erst nach zwei Runden aus der Böschung springen, wenn Sie merken, dass die Spielercharaktere nicht ordentlich angekratzt werden. Nachkarten können Sie immer noch; bereits aktive Angreifer dagegen plausibel aus dem Spiel zu nehmen, ist schwieriger. Dies gilt vor allem dann, wenn die Wehrhaften der Spielertruppe nach dem ersten Durchgang blutend auf dem Boden liegen.

Klar, die Runner könnten den Folgeauftrag ablehnen. Aber hey: weitere 10.000 Flocken UND eine Maid in Nöten? Zumal sie sich die noch ausstehenden 8.000 plus 5.000 von Schmidt abschminken können - und mit dem steuerlichen Absetzen des Verlusts wird's wohl auch eher schwierig werden ...

Stehen Ihre Spieler irgendwann mal genüsslich und penetrant auf dem Schlauch, können Sie immer in der Rolle Dorias moderierend eingreifen. Spätestens, wenn sie mit einem "Nun erklärt mir das doch mal von Anfang an ..." eingrätscht, zwingt das die durcheinander schnatternde Runde zu strukturiertem Arbeiten und damit wahrscheinlich auch zum Erfolg. Doria wird genau wissen wollen, wer die Runner wann und wie beauftragt hat, die Ungereimtheit mit dem Anruf, dem Angriff und der verführten Todesanzeige in den Raum stellen und fragen "Vermutet ihr das Gleiche wie ich? Gut. Ich will Beweise."